Russland könnte seine ehrgeizigen Pläne, eine führende Rolle im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zu übernehmen, als Motivation für seine Kehrtwende im Bereich Krypto-Mining sehen. Diese Spekulationen kommen, nachdem die russische Regierung ein weitreichendes Verbot des Mining-Sektors in mehreren Regionen bis März 2031 beschlossen hat. Aber wie passt der Krypto-Sektor in die Strategie, Russland als global führende KI-Nation zu etablieren?
Der Zusammenhang zwischen Krypto-Mining und KI-Infrastruktur
In Russland ist die Entwicklung neuer Technologien ein zentraler Faktor für die wirtschaftliche und geopolitische Strategie der Regierung. Experten wie die Technologie- und Blockchain-Bloggerin Ani Aslanyan heben hervor, dass das Krypto-Mining ähnlich wie KI-Infrastrukturen eine erhebliche Energienachfrage aufweist. Gründe wie die enorme Menge an Strom, die notwendig ist, sowie die erforderlichen Kühl- und IT-Systeme, machen die Parallelen zwischen Krypto-Mining-Farmen und KI-Datenzentren deutlich sichtbar.
Aslanyan führt aus, dass KI aus staatlicher Sicht eine weitaus höhere wirtschaftliche und technologische Priorität hat. Sie sagte: „Die Voraussetzungen für Mining-Farmen und Rechenzentren sind nahezu identisch.“ Laut Aslanyan könnten Regionen mit günstigen Energiepreisen deshalb ideal für den Aufbau von KI-Infrastrukturen sein. Angesichts der prognostizierten Stromknappheit in Russland in den nächsten fünf bis zehn Jahren stellt sich jedoch die Frage, ob in diese Kapazitäten weiterhin stark investiert werden sollte.
Industrie-Lobbyismus und Moskaus bisherige Schritte
Die Legalisierung des Krypto-Minings in Russland kam erst nach Jahren intensiven Lobbyismus durch industrielle Mining-Akteure zustande. Diese Unternehmen schufen bereits hochleistungsfähige Rechenzentren und boten der russischen Regierung Zugänge zu deren Infrastruktur an, insbesondere für staatliche Technologie- und KI-Projekte. Das erklärte Ziel: Russland nicht nur im Krypto-Sektor, sondern auch im Bereich der Künstlichen Intelligenz international wettbewerbsfähig zu machen.
So äußerte sich Oleg Ogienko, der stellvertretende Kommunikationsdirektor von BitRiver, dem führenden Mining-Anbieter des Landes, zu den Möglichkeiten. Er bestätigte: „Das industrielle Krypto-Mining hat eine starke Grundlage für KI-Projekte geschaffen. Damit wurde das Potenzial der russischen Rechenleistung erheblich gesteigert.“
Das Spannungsfeld zwischen staatlicher Kontrolle und privatem Mining
Während die russische Regierung Maßnahmen einführt, um Krypto-Mining auf industrielle Einrichtungen und staatlich kontrollierbare Sektoren zu beschränken, bleibt der Einfluss privater Miner eine Herausforderung. Privatpersonen dürfen in Russland bis zu 6.000 kWh monatlich für Mining verwenden. Allerdings zeigte sich, dass illegal operierende Miner oftmals Strom vom Netz unbefugt abgreifen, insbesondere in Regionen mit subventionierten Strompreisen. Dieses Verhalten untergräbt die Bemühungen der Regierung, die Energienutzung zu regulieren und zentral zu steuern.
Evgeniya Burova, Kommunikationsdirektorin bei Garantex, erklärt: „In einigen Regionen haben Miner ihre Geräte in enormem Umfang an private Stromnetze angeschlossen und von den günstigen Stromtarifen für Haushalte profitiert.“ Sie fügt hinzu, dass diese Praktiken aller Voraussicht nach auch in den betroffenen Regionen fortgesetzt werden, die von den kürzlichen Mining-Verboten betroffen sind.
Kritik an der Durchsetzung von Mining-Verboten
Nikita Zuborev, ein leitender Analyst bei BestChange.ru, zeigt sich kritisch gegenüber der Wirksamkeit der neuen Regulierung. Er argumentiert, dass illegal operierende Mining-Unternehmen bereits vor den Verboten außerhalb der legalen Schranken operierten. Dementsprechend erwartet er, dass sich die bisherigen Praktiken trotz neuer Kontrollen fortsetzen werden.
Zuborev hebt hervor, dass die enge Verflechtung lokaler Interessen in einigen Regionen die Durchsetzung zentral beschlossener Verbote erschweren könnte. „In Regionen wie Ostsibirien sind enge Cliquen in der Verwaltung nicht unüblich. Auf lokaler Ebene könnten die Verbote umgangen werden,“ so der Analyst.
Warum St. Petersburg kein Krypto-Hotspot ist
Interessanterweise bleiben Städte wie St. Petersburg für Krypto-Miner wenig attraktiv. Gründe hierfür sind die relativ hohen Stromkosten sowie die klimatischen Bedingungen der Stadt. Die hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Wintertemperaturen machen den Betrieb von Mining-Anlagen problematisch, da diese ständig gekühlt und unter stabilen Temperaturbedingungen gehalten werden müssen. Diese Faktoren führen laut Experten zu einer erhöhten Korrosionsgefahr und anderen technischen Problemen.
Um diese Herausforderungen zu umgehen, setzen Miner aus St. Petersburg stattdessen häufig auf Mining-Aktivitäten in abgelegeneren Regionen mit günstigeren Strompreisen. Dadurch kann der Betrieb dezentral ausgeführt werden, ohne dass physische Präsenz vor Ort erforderlich ist.
Wachsendes Interesse an KI als strategische Ausrichtung
Während sich Russland weiterhin bemüht, seine IT- und Energieressourcen auszubauen, scheint die langfristige Priorität auf der Entwicklung seiner KI-Fähigkeiten zu liegen. Die Regierung erkennt den hohen Mehrwert an, den KI im Hinblick auf wirtschaftliche und technologische Fortschritte bietet. Viele der derzeitigen Schritte im Krypto-Mining-Sektor könnten daher als Vorbereitung verstanden werden, um die notwendige Infrastruktur zu schaffen und langfristig Russland als führenden Akteur im KI-Bereich zu positionieren.
Auch wenn die Herausforderungen durch private und illegale Miner groß sind, könnte die russische Regierung ihre Anstrengungen verstärken, um einen kontrollierten Ausbau der Energiekapazitäten sicherzustellen. Diese Kapazitäten bilden nicht nur die Grundlage für KI, sondern könnten auch die Position des Landes in einem zunehmend datengesteuerten globalen Wettbewerb stärken.
0 Kommentare