Portugal, lange Zeit als eine der kryptofreundlichsten Nationen in Europa bekannt, erlebt aktuell eine signifikante Veränderung in seiner Finanzlandschaft. Die Banco de Investimentos Globais (BiG), eine der größten Banken des Landes, hat Berichten zufolge den Transfer von Fiat-Geldern auf Plattformen für Kryptowährungen gestoppt. Der Schritt sorgt in der Krypto-Community für Diskussionen und weckt Besorgnis über das potenzielle Ende von Portugals liberalem Ansatz zu digitalen Vermögenswerten.
BiG stoppt Krypto-Transfers: Was steckt hinter dieser Entscheidung?
Der Mitbegründer von Delphi Labs, José Maria Macedo, machte die Entscheidung der BiG öffentlich und kritisierte die Maßnahme in einem Post auf X (ehemals Twitter). Laut Macedo wurde ein offizielles Schreiben der BiG an betroffene Kunden versandt, in dem als Gründe die Vorgaben der Europäischen Zentralbank (ECB) sowie Risiken im Zusammenhang mit virtuellen Vermögenswerten angeführt werden.
Insbesondere teilte die BiG ihren Nutzern mit, dass Überweisungen auf Konten im Zusammenhang mit Payward Ireland Ltd, dem Betreiber von Kraken, blockiert würden. Gleichzeitig werden Anti-Geldwäsche-(AML) und Terrorismusbekämpfungsrichtlinien (CTF) als Grundlage für die Einstellung dieser Transfers herangezogen.
Macedo äußerte sich kritisch zu dieser Entscheidung und argumentierte, dass solche Einschränkungen Kunden dazu bewegen könnten, verstärkt auf dezentrale Blockchain-Lösungen auszuweichen. „Crypto is inevitable, banks are dead,“ schrieb er in seinem Posting und prognostizierte einen weiteren Schub für Kryptowährungen durch die zunehmende Kontrolle der klassischen Banken.
Portugals Politik im Wandel: Kommt das Ende der kryptofreundlichen Ära?
Portugal galt lange Zeit als ein Paradies für Krypto-Enthusiasten, insbesondere aufgrund einer progressiven Steuerpolitik. Im Jahr 2019 entschied die portugiesische Steuerbehörde, dass der Kauf und Verkauf von Kryptowährungen von der Mehrwertsteuer sowie von Kapitalertragsteuern befreit sei. Diese liberale Haltung lockte zahlreiche Krypto-Investoren und Blockchain-Unternehmen ins Land.
Doch die Landschaft hat sich seitdem verändert. Im Jahr 2023 führte die portugiesische Regierung eine neue Steuerregelung ein, die eine Kapitalertragsteuer von 28 % auf kurzfristige Krypto-Bestände (unter 365 Tage) erhob. Langfristige Bestände blieben jedoch steuerfrei. Die Änderungen zeigten, dass Portugal sich regulatorisch zunehmend an internationale Standards anpasst, auch wenn es im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch immer als relativ krypto-freundlich gilt.
Die jüngste Entscheidung der BiG könnte jedoch ein weiteres Zeichen dafür sein, dass Portugal seinen Ansatz im Umgang mit Kryptowährungen überdenkt. Während andere große Banken wie Caixa Geral de Depósitos und Santander weiterhin Transfers auf Krypto-Plattformen zulassen, könnte der Schritt der BiG einen Präzedenzfall schaffen, der zukünftig zu weiteren Einschränkungen führen könnte.
Regulierungsdruck in Europa: Der Einfluss von MiCA
Die Entscheidung der BiG ist nicht isoliert zu betrachten, sondern steht im Kontext eines umfassenderen regulatorischen Drucks in Europa. Die kommende Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) der Europäischen Union zielt darauf ab, ein einheitliches Regelwerk für digitale Vermögenswerte innerhalb der Mitgliedsstaaten zu etablieren. In diesem Rahmen werden strengere Kontrollen und Anforderungen an Anbieter von Kryptowährungsdienstleistungen erwartet.
Die MiCA-Richtlinie wird allgemein als Meilenstein für die Regulierung des Krypto-Sektors angesehen, hat jedoch auch Kritiker, die befürchten, dass eine übermäßige Regulierung das Wachstum und die Innovation in diesem Bereich hemmen könnte. Ein weiteres Anliegen ist, dass solche Maßnahmen Nutzer dazu veranlassen könnten, auf unregulierte oder decentralisierte Plattformen auszuweichen, was das Ziel der Regulierungsbehörden, den Markt sicherer zu machen, konterkarieren könnte.
Zunehmende Cyberkriminalität in Portugal: Ein Grund zur Vorsicht?
Ein weiterer Aspekt, der möglicherweise zur Entscheidung der BiG beigetragen hat, ist die wachsende Bedrohung durch Cyberkriminalität in Portugal. Laut einem Bericht aus dem Jahr 2023 hat die Zahl der Fälle von Cyberkriminalität in dem Land in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Zwischen 2019 und 2022 stieg die Anzahl der gemeldeten Fälle von 193 auf 2.124, was einem Anstieg von 74 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Krypto-Betrug und Ransomware-Angriffe sind immer häufiger, wobei Kriminelle Netzwerke kapern und Kryptowährungszahlungen als Lösegeld verlangen. Ein besonders aufsehenerregender Fall betraf zwei portugiesische Bürger, die zusammen über 312.000 US-Dollar an eine betrügerische Plattform verloren, die schnelle Gewinne durch Staking versprach. Ein Opfer übertrug 213.000 US-Dollar in Bitcoin, in der Hoffnung, 800.000 US-Dollar zurückzuerhalten, während das zweite Opfer 94.000 US-Dollar in kleineren Beträgen überwies.
Zusätzlich reagierte Portugals Nationale Datenschutzkommission (CNPD) auf Datenschutzbedenken und setzte Worldcoins Sammlung biometrischer Daten für 90 Tage aus. Diese Entscheidung zeigt, dass die Behörden zunehmend kritisch gegenüber neuen Technologien und den potenziellen Risiken für Bürger eingestellt sind.
Die Zukunft von Krypto in Portugal: Eine ungewisse Perspektive
Obwohl BiG mit seiner Entscheidung für Schlagzeilen sorgt, bleibt Portugal im europäischen Vergleich weiterhin relativ kryptofreundlich. Der Standort zieht nach wie vor Krypto-Investoren und Blockchain-Unternehmer an, und andere Banken wie Caixa Geral de Depósitos und Santander ermöglichen nach wie vor Transfers auf Krypto-Plattformen.
Allerdings könnte die Maßnahme der BiG ein Vorbote für größere Veränderungen sein. Da regulatorische Entwicklungen wie MiCA zusammen mit wachsenden Sicherheitsbedenken den Markt prägen, wird es entscheidend sein, wie die portugiesischen Behörden und Finanzinstitutionen diese Herausforderungen bewältigen, ohne die Innovationskraft des Krypto-Sektors zu unterdrücken.
In einer Welt, in der Kryptowährungen zunehmend als unvermeidlich angesehen werden, könnte der Erfolg Portugals in der Balance zwischen Regulierung und Förderung von Innovation liegen. Der Druck auf klassische Banken und Finanzinstitute, sich anzupassen, wird weiter wachsen – und je nach Ansatz könnten dezentrale Lösungen am meisten davon profitieren.
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